Viele ältere Camper zieht es in der kalten Jahreszeit ans Mittelmeer.

Statt trüber Winter Camping unter Palmen

Langzeiturlaub in Südspanien im Caravan oder Wohnmobil wird bei Senioren immer beliebter

Von Renate Brämer

Schon um zehn Uhr morgens rückt Luny de Leeuw ihren bequemen Stuhl zurecht – Zeit für das erste Sonnenbad des Tages. Im Rücken die Kulisse der schroffen Bergrücken, vor ihr üppiges Grün von Palmen und Mimosen, hält die 61-Jährige das Gesicht den wärmenden Strahlen entgegen. Zu Hause regiert jetzt der Winter, mit Kälte und grauen Tagen – doch den haben die Holländerin und ihr ein Jahr älterer Mann weit hinter sich gelassen. Rund 2500 Kilometer sind sie mit ihrem Wohnwagen am Haken bis nach Südspanien gefahren. Nun haben sie sich auf einem Campingplatz am Meer häuslich eingerichtet, und das nicht nur für ein paar Urlaubswochen. „Wir haben ja Zeit. Erst im April wollen wir zurückfahren, doch vielleicht bleiben wir auch länger“, erklärt die lebhafte Frau. „Jetzt machen wir alles mit Ruhe“, stimmt ihr Mann Arie zu.

Zahlreiche Dauercamper haben in Andalusien ihre Lieblingsplätze.Wie das Paar aus den Niederlanden überwintern immer mehr Senioren aus den kühleren Regionen Europas im milden Klima des Südens, viele von ihnen im rollenden Eigenheim. Allein 50 000 Deutsche verbringen nach Schätzungen des Vereins für Naherholung und Camping (VNC) die kalte Jahreszeit lieber mit Caravan oder Wohnmobil in Südspanien. Die Campingplätze an der gesamten Costa del Sol haben sich auf die Senioren aus dem Norden eingestellt – auch mit der Preisgestaltung – und sind das ganze Jahr über geöffnet. Bis zu 70 Prozent Rabatt oder gleich eine günstige Monatspauschale bietet zum Beispiel der Platz „Don Cactus“ nahe Motril an der Costa Tropical, den die de Leeuws zum ersten Mal besuchen, den Langzeitgästen im Rentenalter an. Rund 175 Euro monatlich bezahlen Franz und Charlotte Kolbe aus der Alpenrepublik Österreich für ihr Plätzchen an der Sonne.

„Wir brauchen keinen Winter – es reicht, wenn wir den Schnee auf der Sierra Nevada von weitem sehen“, lacht Franz Kolbe. Schon seit zehn Jahren zieht es den mittlerweile 77-Jährigen und seine zwei Jahre jüngere Frau auf den wie ein schmales Handtuch zwischen Gemüseplantagen eingebetteten Campingplatz, jeweils für ein halbes Jahr. Nach einem langen Berufsleben als Selbstständiger genießt er den Ruhestand dort, wo es ihm gefällt. „Mallorca war uns noch nicht warm genug“, meint er schmunzelnd. Verlässliche 15 Grad im Durchschnitt sollen es auch im Januar schon sein. Die 2900 Kilometer weite Fahrt teilen sich die beiden in höchstens 300 bis 500 Kilometer lange Etappen ein. „Man muss an seine Kräfte denken, wenn man älter wird“, meint Franz Kolbe. Seinen Wohnwagen und das große Vorzelt lässt er aus dem gleichen Grund mittlerweile ganz in Spanien stehen.

Frühe Blüte statt Eis und Schnee: Auch im Winter zeigt sich Südspanien von seiner sonnigen Seite. „Der Platz ist sehr familiär“, beschreibt er die Atmosphäre. Viele andere Gäste kennt er seit langem. „Hier gibt es noch Zweibrücken-Hans, Flieger-Willy und den ‚Fischer“ – der heißt nicht so, angelt aber leidenschaftlich gern“, erklärt er lachend.„Man muss aber auch etwas dafür tun, um Gemeinschaft zu finden“, betont jedoch seine Frau Charlotte. „Von nichts kommt nichts.“ Wer offen ist für einen kleinen Plausch beim Abwasch oder Brotkauf, der hat es jedoch leicht. Den wohl angenehmsten Weg, andere Urlauber kennen zu lernen und vor allem auch ein Stückchen spanische Lebensart, hat Willi Maier schon manchem Neuankömmling verraten: „Kommen Sie doch auch um sieben Uhr ins Restaurant am Platz – erst essen wir Tapas, dann spielen wir Bingo.“ Mit seinen fast 87 Jahren ist der kontaktfreudige Freiburger, der seit 24 Jahren jeweils für ein halbes Jahr kommt und deshalb die spanischen Appetithäppchen so warm empfehlen kann, unbestrittener „Methusalem“ des Platzes. Ein Fußpfad zum Klo trägt auf einem Holzschild sogar den Namen des treuen Stammgastes: „Willi-Maier-Weg“. Diesmal ist der allein reisende alte Herr jedoch nicht zu sprechen – er muss eine Erkältung auskurieren.

Ohne Hilfe ist er jedoch auch weit ab von zu Hause nicht. Denn wozu hat man Nachbarn? Man kümmere sich umeinander, versichert Charlotte Kolbe; auch die Platzbetreiber seien in Notfällen rührend um die Gäste bemüht. Langweilig ist es den beiden Österreichern beim Überwintern noch nie geworden. „Wir haben natürlich die berühmte Alhambra bei Granada gesehen, auch die Grotte bei Nerja – aber ständige Unternehmungen brauchen wir nicht. In Wien kennen wir auch nicht jede Ecke“, witzelt Franz Kolbe. Arie de Leeuw dagegen hält auf der Karte schon eifrig nach Ausflugszielen Ausschau. „Hier gibt es viel zu entdecken'', meint er.

Informationen

Lektüre

Margit Brinke, Peter Kränzle: „Andalusien Reise-Handbuch“, Iwanowski’s Reisebuchverlag.

Auskünfte

Spanisches Fremdenverkehrsamt
Kurfürstendamm 63
10707 Berlin
Tel. (0 30) 88 26-0 oder (0 61 23) 9 91 34

Internet

www.spain.info

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