Rumpelnd setzt sich der Kleinbus
von Elen Etienne in Bewegung. Längst
schon liegt die asphaltierte Straße
hinter der 29-Jährigen, die das
Fahrzeug nun geschickt über sandige
Wege steuert. Immer wieder hält die
studierte Archäologin an, um
Sehenswürdigkeiten ihrer Heimat zu
erläutern. Die Insel Ouessant, vor
der Küste von Brest gelegen,
verlangt den nicht mal 800
Bewohnern – vor 100 Jahren waren es
noch 3000 – ein recht genügsames
Leben ab. Was macht dann den Reiz
des Eilands an der Kreuzung zwischen
Ärmelkanal und Atlantik aus?
Eine weite Landschaft zwischen Himmel und Erde, gesäumt von den rauhen Felsformationen der Küste. Schafe ohne Hirten, die weiden, wo es ihnen passt. Geduckte Steinhäuschen mit blau gestrichenen Türen und Fenstern – die Farbe der Jungfrau Maria, deren Schutz vor Wind und Wetter die Insulaner seit jeher erhoffen. Elens Eltern haben sich vor mehr als 20 Jahren in die Insel verliebt, dort Wurzeln geschlagen. So geht es auch ihrer Tochter, die weder Diskotheken noch andere Freizeitangebote für junge Leute vermisst.
„Hier will ich leben – es ist ein
idealer Ort für junge Familien, ohne
die Gefahren großer Städte“,
beteuert die Geschäftsfrau, die sich
mit einem eigenen Fuhrunternehmen
selbstständig gemacht hat. Und
schwärmt von dem engen Zusammenhalt
der Inselgemeinschaft, der Ruhe und
der Schönheit der Natur. Morgens
fährt sie die Kinder zu den beiden
Grundschulen und dem Collège, die
die Insel zu bieten hat. Nachmittags
sitzen Touristen in dem mit
Kinderzeichnungen geschmückten Bus.
Elen zeigt ihnen dann das
Leuchtturmmuseum im Phare Le
Créac’h.
Etwas weiter die Mauerreste, die einst druckluftbetriebene Nebelhörner zur Warnung der Seeleute beherbergten. Und natürlich den Leuchtturm La Jument vor der Küste – Drehort des Films Die Frau des Leuchtturmwärters mit Sandrine Bonnaire. Urbanes Zentrum von Ouessant ist Lampaul mit seinen Geschäften, Gaststätten und auch der alten Kirche. Hier wird Elen im Oktober heiraten, stilecht in einer historischen Tracht ihrer Heimat. Wie die aussieht, zeigt sie anhand einer Abbildung in einem liebevollen gemachten Büchlein zur Inselhistorie. Eine solche trug auch die als Heldin verehrte Rose Héré: Sie rettete 1903 nach einem Schiffbruch 14 Menschen.
Siehe auch Artikel: Eine Stadt unter Segeln (Brest)
Informationen
Atout France - Französische Zentrale für Tourismus, Postfach 100128, 60001 Frankfurt am Main, www.rendezvousenfrance.com
Lektüre
Jacqueline Duroc: Ouessant. Molène. Carnet de Bord. 1998, Le Télégramme Editions
Anreise
Zwischen Brest auf dem bretonischen Festland und der Insel Ouessant gibt es eine regelmäßige Fährverbindung.
Film
"Die Frau des Leuchtturmwärters" mit Sandrine Bonnaire.