Der Naturpark El Torcal de Antequera ist ein Steinlabyrinth mit skurrilen Formen.

Skurrile Fabelwesen im Steinlabyrinth

Der Naturpark El Torcal de Antequera, das Klettergebiet El Chorro und das maurische Bobastro: Im Hinterland von Málaga verlockt eine grandiose Natur zu Ausflügen

Von Renate Brämer

Die Bergziegen erklimmen die steilsten Hänge mühelos.Den ganzen Tag über waren sie nicht zu sehen. Doch jetzt, bei Einbruch der Nacht, ertönt plötzlich schnelles Hufgetrappel. Ein Dutzend Augenpaare blitzt im Mondlicht  auf, nur wenige Schritte von uns entfernt: Da sind sie, die gehörnten Bewohner des Naturparks El Torcal von Antequera. Nachdem die vielen Tagesbesucher verschwunden sind, nehmen die Bergziegen ihr nun wieder so stilles Reich erneut in Besitz. Die behenden Tiere erklimmen die bizzaren Felsformationen mit müheloser Leichtigkeit auch Steilhänge, bei denen jeder ohne ausgeprägte bergsteigerische Fähigkeiten seinen Hals riskieren würde.

Der Naturpark im Hinterland von Málaga ist das bedeutendste Karstgebirge von Spanien. Kaum zu glauben, dass an Stelle des bis zu 1400 Meter hoch gelegenen zerklüfteten Plateaus im Süden der Stadt Antequera einst das Meer wogte. Die Ausläufer des Ozeans Thetys, von dem heute nur noch das Mittelmeer übrig ist, reichten im Erdmittelalter vom Golf von Cádiz bis zur Levante. Vor 100 bis 200 Millionen Jahren entstand durch Erosion und Auffaltung der Gesteinsschichten das beeindruckende Areal.

Die Felsen erinnern an Fabelwesen und Tiergestalten.Die Landschaft aus skurril geformtem Kalkgestein wirkt auch tagsüber wie verzaubert: Mal ragt ein Felsen wie ein riesiges Fabelwesen  empor, mal scheint sich eine Schwangere im Gegenlicht abzuzeichnen. Viele der Formationen haben schon die Fantasie der Betrachter angeregt und ihnen die entsprechenden Namen eingebracht wie  die Schraube, das Kamel, die Zwillinge, der Dinosaurier. Um einigen von ihnen zu begegnen, braucht man nur der  Ruta Verde folgen, der kürzesten der markierten Rundwanderstrecken. Dieser grüne Weg, gerade mal 1,8 Kilometer lang, darf auch ohne Führer beschritten werden. Zwei längere Pisten  sind des Naturschutzes wegen mittlerweile für Erkundungen auf eigene Faust gesperrt.

Auf dem grünen Weg gewinnt man viele Eindrücke von der bizzaren Landschaft.Zu sehen gibt es auf dem frei gegebenen Abschnitt aber genug. Fast 120 Tierarten vom Steinadler bis zum Salamander bevölkern das Steinlabyrinth El Torcal, mehr als 660 Pflanzenarten von der wilden Lilie bis zum Leinkraut werden verzeichnet. Wir sind fasziniert von den großen Raubvögeln, die immer wieder majestätisch über unseren Köpfen kreisen. Adler oder Geier? Wir selbst vermögen die Flugkünstler nicht zu unterscheiden: Es bleibt beim laienhaften Raten.

Der grüne Weg beginnt und endet unweit des Besucherzentrums, das eine interaktive Ausstellung über den Park beherbergt. Wir machen aber noch einige Schritte weiter bis zum Mirador de las Ventanillas. Von hier genießt man einen weiten Rundumblick über die südliche Umgebung. Im Tal ist der Ort Ort Villanueva de la Concepción zu sehen, in dem jedes Jahr im Mai eine Wallfahrt zu Ehren des Heiligen Isidor nach El Torcal beginnt. Bei klarer Sicht lassen sich von hier aus auch die Berge von Málaga und manchmal sogar das Mittelmeer erspähen.  

Nur etwa 40 Kilometer weiter westlich stoßen wir auf das Gebiet El Chorro, ein beliebtes Dorado für Kletterer, Bergsteiger und Wanderer und unser zweites Ausflugsziel. Kaum 50 Kilometer von Málaga entfernt, wo er in das Meer mündet, fließt der Rio Guadalorce hier durch einen schmalen Canyon. Bis zu  300 Meter hoch türmen sich zu seinen Seiten die mächtigen Kalkfelsen auf.

Die Schlucht Desfiladero de los Gaitanes ist ein beliebtes Fotomotiv.Viele Besucher, ob sportlich oder nicht, zieht jedoch vor allem eines hierher: Sie wollen einen Blick auf einen maroden Pfad  erhaschen, der sich in schwindelnder Höhe an der Felswand entlang windet und  immer wieder als der gefährlichste Wanderweg der Welt beschrieben wird.

Der etwa drei Kilometer lange Caminito del Rey, der „Weg des Königs”, wurde vor mehr als hundert Jahren gebaut, um Materialtransporte durch die Schlucht bis zu dem Wasserkraftwerk am anderen Ende zu ermöglichen; 1905 wurde er fertiggestellt. König Alfonso XIII soll 1921 über diesen Weg zur Einweihung des Staudamms Conde del Guadalhorce gelaufen sein; seitdem ist vom Königsweg die Rede.

Begehen darf ihn offiziell jedoch schon lange niemand mehr. Der Weg ist nach Todesfällen in der Schlucht zu Recht gesperrt worden. Von dem verfallenen schmalen Pfad sind an manchen Stellen nur noch die Stahlträger übrig, nichts schützt vor einem Sturz in die Tiefe. Um den Zugang zu verhindern, sind mittlerweile auch das Anfangs- und das Endstück des Caminito abmontiert worden.

Der marode Königsweg ist aus Sicherheitsgründen gesperrt, wird möglicherweise jedoch restauriert.Den allzu Waghalsigen, die sich trotz hoher Bußgelder heute noch durch einen Bahntunnel Zugang zu dem verbotenen Weg verschaffen, tun wir es natürlich nicht nach. Wir werfen stattdessen einen sicheren Blick vom Rand der auch Desfiladero de los Gaitanos genannten Schlucht in die Höhe. Der ist uns eindrucksvoll genug.

Darüber hinaus reicht uns der virtuelle Nervenkitzel im Internet, für den einige Extremkletterer vor Jahren mit ihren Videos gesorgt haben. Schon beim bloßen Anschauen wurde uns schwindlig. Wer dennoch damit liebäugelt, den Weg eines Tages zu bezwingen, sollte sich zumindest gedulden. Denn es gibt es Überlegungen der Regionalregierung, ihn aufwändig zu restaurieren, auch wenn noch nicht sicher ist, wann das tatsächlich der Fall sein wird.

Die Ruinen von Bobastro liegen auf einer Hochebene mit weitem Ausblick ins Land.Nahe der  Schlucht und dem Dorf El Chorro führt eine Straße in Serpentinen in die Höhe. Wir folgen ihr, um unser drittes Ausflugsziel anzusteuern die nahen Ruinen von Bobastro, eine der wichtigsten archäologischen Fundstellen Spaniens. Das Gelände einer alten maurischen Siedlung aus dem frühen 10. Jahrhundert birgt unter anderem die Überreste einer mozarabischen Kirche. Die hat Omar beziehungswiese Umar Ibn-Hafsun erbauen lassen, ein maurischer Rebell, der mit einer Reihe weiterer Aufständischer dem Emirat von Córdoba die Stirn bot und später zum Christentum konvertierte. Von seiner Festung aus soll der Abkömmling eines westgotischen Adelsgeschlechts einst weite Teile Andalusiens beherrscht haben. Auch wenn von Bobastro nicht mehr allzuviel übrig ist, eines hat die Jahrhunderte jedoch überdauert: der überwältigende Ausblick von der Hochebene aus.

 

Informationen

Anreise

El Torcal: Um nach El Torcal zu kommen, fährt man von Málaga in nördlicher Richtung entweder über die Landstraße C 3310 oder über die A 7075 .  Man kann auch die  Autobahnen A7 und A45 Richtung Antequera bis zur Ausfahrt Casabermeja nehmen und von dort in  Richtung Villanueva de la Concepción weiterfahren. Dort folgt man jeweils den Beschilderungen nach El Torcal. Je nach Strecke beträgt die Entfernung 40 bis 55 Kilometer.

El Chorro: Die Entfernung von Malaga beträgt etwa 50 km. Über die Autobahn A 357 fährt man in Richtung Álora und El Chorro.Von Antequera aus sind es nur  etwa 25 Kilometer. Über die A 343 geht es über  Valle de Abdalajís nach El Chorro.

Bobastro: Bobastro liegt etwa vier Kilometer vom Zentrum des Ortes  Ardales entfernt auf der Hochebene Mesas de Villaverde. Ardales erreicht man von Málaga aus über die Landstrasse A 357 in Richtung Cártama.

Auskünfte

Spanisches Fremdenverkehrsamt
Kurfürstendamm 63
10707 Berlin
Tel. (0 30) 88 26-0 oder (0 61 23) 9 91 34

Internet

 www.spain.info

Youtube

http://www.youtube.com/watch?v=ZmDhRvvs5Xw

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